Pressemitteilung zu den Protesten gegen LEGIDA am 02.03.2015

Am Montag, dem 02.03.2015, fanden erneut eine Demonstration von LEGIDA sowie Gegenproteste statt. Die Demonstrationsbeobachtung begleitete den Refugees Welcome-Aufzug und die anschließenden Proteste im Umfeld der LEGIDA-Veranstaltung.

Die Refugees Welcome-Demonstration verlief zunächst ohne nennenswerte Vorkommnisse. Nachdem sich diese auf dem Augustusplatz eingefunden und der Kundgebung LEGIDA – Das Original angeschlossen hatte, wurde jedoch ein*e Teilnehmer*in unter dem Vorwurf eines Verstoßes gegen das Vermummungsverbot auf Versammlungen einer Identitätsfeststellung unterzogen. Den Hinweis der betroffenen Person, dass es sich um Schutz vor Kälte handle, tat die Polizei erneut mit einem Vorwurf der Vermummung ab. Die Erklärung wurde umso glaubhafter, als Polizeibeamt*innen und LEGIDA-Teilnehmende unwesentlich später selbst mit Gesichtsbedeckung auftraten. Die polizeiliche Maßnahme wurde durch vier Polizeiwagen und eine Kette von Einsatzkräften abgeschirmt, die Demonstrationsbeobachter*innen wurden hierbei auf einem Abstand von fünf Metern gehalten, sodass eine Beobachtung unmöglich gemacht wurde. Dass mit einer solchen Situation auch anders umgegangen werden kann, zeigte sich kurz darauf: An der Haltestelle Augustusplatz trat ein Beamter auf zwei Personen zu, wies sie auf das auf Versammlungen geltende Vermummungsverbot hin und bat sie, die Gesichtsbedeckung abzunehmen.

Problematisch war an der Haltestelle Augustusplatz (zwischen Oper und Gewandhaus), dass der Verkehr, auf der die Polizeiabsperrung und die Gegenprotestierenden trennenden Fahrbahn, erst gegen 19:15 Uhr umgeleitet wurde. Hier wurde einer vorhersehbaren Gefahr nicht angemessen begegnet.

Wie schon in der letzten Woche wurde der Fokus der Polizei fast ausschließlich auf die Gegenproteste gelegt. Während ein Teil der Einsatzkräfte damit beschäftigt war, mit mehreren Handkameras und Kamerawagen die Gegendemonstrierenden zu filmen, wurde das zweifache Werfen von Feuerwerkskörpern von LEGIDA-Teilnehmer*innen in die Menge der Protestierenden nicht verhindert. Bereits in der letzten Woche spielte sich an selbiger Stelle ein ähnliches Szenario ab.

Am Hauptbahnhof verdeutlichte sich dieses Ungleichgewicht erneut, als von zwei aneinander vorbeiziehenden Gruppen wieder nur die LEGIDA-Gegner*innen mit Kameras begleitet wurden, aber kein nachhaltiges Konzept zum Schutz der Anwesenden verfolgt wurde.

In diese Vorkommnisse reiht sich auch die unterschiedliche Bewertung des Zeigens eines Hakenkreuzes ein. Nach Auflösung der LEGIDA-Veranstaltung wurde eine an den Gegenprotesten beteiligte Person angezeigt, da sie ein Schild bei sich führte, auf welchem ein als Wurzel dargestelltes Hakenkreuz abgebildet war, aus dem PEGIDA, LEGIDA und NPD „erwuchsen“. Die Polizei berief sich hierbei auf das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a StGB). Das Plakat muss jedoch im Lichte der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15. März 2007 (BGH 3 StR 486/06) betrachtet werden. In dieser konstatiert das Gericht: „Der Gebrauch des Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation in einer Darstellung, deren Inhalt in offenkundiger und eindeutiger Weise die Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer Ideologie zum Ausdruck bringt, läuft dem Schutzzweck des § 86a StGB ersichtlich nicht zuwider und wird daher vom Tatbestand der Vorschrift nicht erfasst.“ An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass seitens der Polizei in der Verwendung eines Piktogrammes, welches ebenfalls ein Hakenkreuz enthält, auf dem Fronttransparent von LEGIDA anscheinend kein Verstoß gegen § 86a StGB gesehen wird.

Außerdem kam es zu weiteren Maßnahmen, die in dieser oder ähnlicher Form schon in den letzten Wochen zu beobachten waren. So wurde etwa eine Spontandemonstration, die sich von der LEGIDA-Route wegbewegte, von der Polizei unter Anwendung körperlicher Gewalt, welche Einzelne zu Fall brachte, gestoppt, um sie kurz danach in entgegengesetzter Richtung wiederum aufzuhalten. Ebenso kam es zum Einsatz von sieben Polizeihunden ohne Maulkorb, zu andauerndem Abfilmen, zur Umschließung von Gegenprotestierenden welche teilweise zu einer weiteren angemeldeten Kundegebung gelangen wollten, sowie zum Einsatz eines Hubschraubers. Wiederholt nannten Einsatzkräfte die Rechtsgrundlagen für ihre Maßnahmen nicht und zeigten vor Ort wenig Kommunikationsbereitschaft.

„Obwohl die Gegenproteste seit langer Zeit friedlich verlaufen, wird das Hauptaugenmerk der Polizei nach wie vor auf diese gelegt. Eine derartige Schwerpunktsetzung darf in den nächsten Wochen keine Fortsetzung finden.“ so Lena Zeidler, Pressesprecherin der Demonstrationsbeobachtung.

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