Pressemitteilung zur Beobachtung der Demonstration „Polizeigesetz stoppen!“ am 26.01.2019 in Dresden

Die Demobeobachtung Leipzig begleitete heute am 26.01.2019 die Demonstration des Bündnisses „Polizeigesetz stoppen!“. Unter dem Motto „Polizeigesetz stoppen – Grundrechte verteidigen, soziale Sicherheit schaffen!“, führte die Route nach einer Auftaktgundgebung mit drei Zwischenkundgebungen vom Wiener Platz über die St. Petersburger Straße, den Dr.-Külz-Ring, die Prager Straße, die Wallstraße, die Wilsdruffer Straße, am Polizeipräsidium vorbei, über die Carolabrücke und endete mit einer Abschlusskundgebung vor dem Innenministerium.

Die Demonstration begann gegen 13 Uhr mit einer Auftaktkundgebung und setzte sich gegen 14 Uhr in Bewegung. Bereits hier waren zahlreiche Beamt*innen aus Sachsen vor Ort, sowie auch mehrere Polizeiwagen, unter ihnen ein Kamerawagen und ein Kastenwagen auf dessen Aufsatz sich fast die gesamte Demonstrationszeit bis zu vier Beamt*innen befanden, ein*e von ihnen mit einer Handkamera ausgestattet.

Der Kamerawagen war zu Beginn an der Kreuzung Wiener Platz/St. Petersburger Straße platziert, an welcher der gesamte Demonstrationszug in einem Abstand von max. 10 Metern vorbeilaufen musste. Die Beamt*innen gaben, an lediglich Übersichtsaufnahmen zur Koordination des Polizeieinsatzes zu übertragen, welche ohne Speicherung an den Führungsstab weitergeleitet würden. Dies ist gemäß § 20 II SächsPolG SächsVersG grundsätzlich zulässig, sofern dies aufgrund der Unübersichtlichkeit und Größe der Versammlung, zur Lenkung und Leitung des Polizeieinsatzes erforderlich ist. Jedoch darf eine Identifikation von Personen gemäß § 20 II 2 SächsPolG SächsVersG nicht erfolgen. Eine solche wäre der Polizei aufgrund der oben geschilderten räumlichen Nähe jedoch ohne weiteres möglich gewesen und lässt sich daher in diesem Fall nicht ausschließen.

Zudem richtete von dem oben genannten Kastenwagen aus, ein*e Beamt*in wiederholt eine Handkamera auf die Spitze des Demonstrationszuges. Auf Nachfrage, gab die*der Beamt*in in mehreren Situationen an, nicht zu filmen, sondern die Kamera nur bereitzuhalten, falls es zu Straftaten kommen würde. Jedoch stellt dies einen Eingriff da, der nicht gerechtfertigt ist, solang eben keine Straftaten begangen werden. Ob die Kamera hierbei eingeschaltet war, ist insofern unerheblich, als dass schon durch das bloße Richten der Kamera auf die Demonstration der Eindruck erweckt werden kann, dass gefilmt oder fotografiert wird. Dieser Eindruck kann bei den Teilnehmer*innen ein Gefühl des Beobachtetseins hervorrufen und diese in ihrem Verhalten beeinflussen und sogar von der Teilnahme an der Demonstration abhalten (vgl. VG Berlin vom 26.04.2012, Az VG 1 K 818.09, gleichlaufende Problematik).

Eine einschüchternde und abschreckende Wirkung auf die Demonstrant*innen und Außenstehende kann auch die Ausrüstung der Polizei haben: Besonders hervorzuheben waren heute die von mindestens zwei Chemnitzer und Dresdner Einsatzkräften mitgeführten Mehrzweckpistolen des Typs HK69, von der Polizei als MZP1 bezeichnet. Diese ist nicht nur zum Abschuss von Leuchtsignalen geeignet, sondern auch von Gummigeschossen, Tränen- und CS-Gas, high-explosive Munition mit Spreng- und Splitterwirkung sowie AP-Munition gegen gepanzerte Ziele. (https://de.wikipedia.org/wiki/HK69, Spiegel 5/1983). Die Mehrzweckpistole zählt damit als Granatpistole zu den Kriegswaffen (siehe Antwort der sächs. Landesregierung auf die kleine Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange, DrS 6/12875). Ob eine weitere Aufstockung der Waffen der Polizei durch die in Rede stehende Novellierung des sächsischen Polizeigesetzes (etwa Handgranaten) notwendig ist, ist angesichts des Vorgenannten mehr als zweifelhaft.

Ferner beobachtete die Demobeobachtung zwei Identitätsfeststellungen wegen Vorwürfen des Verstoßes gegen das Ordnungswidrigkeitengesetz bzw. das Versammlungsgesetz.

Die Polizeipräsenz war zwar, zumindest im Vergleich zu anderen der Demobeobachtung bekannten Polizeieinsätzen, nicht übermäßig, dennoch wurde durch eine dauerhafte Begleitung der Demonstration durch jeweils acht bis zehn Polizeifahrzeuge, sowohl vor, als auch hinter dem Aufzug und dem Blaulichteinsatz beim Überqueren der Carolabrücke, die Außenwahrnehmung des Protestes negativ beeinflusst. Die Polizei war darüber hinaus auch mit Fahrzeugen in den Seiten- und Nebenstraßen präsent.

Auch wurde der Demobeobachtung von den Organisator*innen des Protests mitgeteilt, dass im Vorfeld der Demonstration im Rahmen einer „Allgemeinen Verkehrskontrolle“ eine Durchsuchung des LKWs des Bündnisses und eine Inaugenscheinnahme sämtlichen in diesem befindlichen Demonstrationsmaterials wie Transparente und Schilder durch die Polizei stattfand. Diese Vorfeldmaßnahme ist für die Teilnehmer*innen der Demonstration vor Ort nicht ersichtlich, setzt aber die Organisation der Demonstration unter Druck und behindert sie in einem weitreichenden Maße. Ferner wurden auch die Organisator*innen selbst, unter ihnen auch die*der Pressesprecher*in des Bündnisses, Maßnahmen unterzogen.

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