Pressemitteilung zu den Protesten gegen LEGIDA am 06.07.2015

Nach rückläufigen Teilnehmer*innenzahlen in den letzten Monaten nahmen an diesem Montag wieder mehr Menschen an der Veranstaltung von LEGIDA sowie an den Gegenprotesten teil. Auffallend war neben den mittlerweile üblichen Einschränkungen der Grundrechte das erneut gewaltorientierte Vorgehen von Einsatzkräften am späteren Abend.

Die Demonstrationsbeobachtung Leipzig begleitete die Demonstration Feminismus gegen LEGIDA-Macker*innen sowie das Geschehen in der Innenstadt. Die feministische Demonstration setzte sich um 17:00 Uhr am Lene-Voigt-Park in Bewegung und schloss sich gegen 18:10 der Kundgebung Gegen rechte Hetze, für Weltoffenheit, Toleranz und das uneingeschränkte Recht auf Asyl an der Hainspitze an.

Sich in der Nähe der LEGIDA-Route befindende Personen waren erneut ungerechtfertigten Abfilmen durch Einsatzkräfte, Identitätsfeststellungen aufgrund von vermeintlichen Zugehörigkeiten zu einer politischen Richtung, Durchsuchungen und Kontrollen von mitgeführten Taschen sowie dem Einsatz von Helikoptern und Hunden ausgesetzt. In mindestens einer Situation wurde die Presse in ihrer Arbeit behindert. Während der LEGIDA-Demonstration lag der Fokus der Polizei klar auf den Gegenprotesten. So waren die Handkameras der Polizeibeamt*innen genau wie ihre Blickrichtung auf diese gerichtet.

Besonderes Augenmerk ist auf die Situation an der Haltestelle Goerdelerring ab circa 21:00 Uhr zu legen. Hier hatte sich eine größere Menge von gegen LEGIDA Protestierenden versammelt. Polizeibeamt*innen standen zunächst zwischen den Protestierenden. Aus unbekannten Gründen entschloss sich eine Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit mehrere Personen aus einer Straßenbahn zu holen. Dabei gingen sie sehr rabiat vor. Obwohl keine Gegenwehr ersichtlich war, wurden die Personen unter dem Einsatz von körperlicher Gewalt, etwa dem Zurückbiegen des Kopfes, aus der Bahn geführt. Sich zum Hauptbahnhof bewegende Protestierende empörten sich angesichts dieses Vorgehens. Hinzu eilende Einsatzkräfte begannen auch diese anzugehen. Dabei wurde durch Polizist*innen geschubst und geschlagen, ein Fahrrad wurde beschädigt. Weitere Menschen aus der Menge wurden abgeführt. Eine Person wurde in dieser Situation im Unterarmwürgegriff („Schwitzkasten“) gehalten, während Umstehende Schläge der Beamt*innen abbekamen. Eine weitere Person wurde von hinten am Hals umfasst und ihr Rücken nach hinten über ein Geländer der Straßenbahnhaltestelle gebogen. Zur Unübersichtlichkeit und Gefährlichkeit der Situation trug bei, dass der Straßenbahnverkehr nicht unterbrochen wurde und Autos den Goerdelerring weiterhin befahren konnten. Als sich die Gegenproteste kurz darauf zum Hauptbahnhof bewegten, wurde die Fahrbahn stadtauswärts gesperrt um sie aufzuhalten. Warum die Polizei nicht schon in der wesentlich problematischeren Situation zuvor Einfluss auf den Verkehr nahm ist nicht verständlich.

Dass die Polizei in einer solchen Situation mit einem angemessen Vorgehen überfordert scheint, fügt sich ein in das Bild, welches sich heute auch in manch wesentlich ruhigeren Situationen bot. Polizeibeamt*innen konnten Grundrechtseingriffe oft nicht erklären. Weder konnten Rechtsgrundlagen genannt noch haltbare Begründungen für das eigene Handeln gegeben werden. „Einem Rechtsstaat ist immanent, dass Eingriffe in die Rechte der Bürger*innen gerechtfertigt sein müssen.“, so Lena Zeidler, Pressesprecherin der Demonstrationsbeobachtung Leipzig. „Problematisch ist es, wenn Beamt*innen dieses Verständnis fehlt.“

Verständnis fehlte auch für die Arbeit der Demonstrationsbeobachter*innen. Die Demonstrationsbeobachtung nimmt während der Versammlung nicht an dieser teil, sondern verhält sich ihr gegenüber neutral (Selbstverständnis). Die Beobachtung wurde heute durch einen Polizeibeamten mit der Begründung behindert, er wisse schon zu welchem „Klientel“ die Beobachtung gehöre. Er führte aus: „Da ihr nach jeder Demo mit’m Kasek rumsteht.“ Dass der Grünen-Politiker Jürgen Kasek wie viele andere nach einer Versammlung auf die Gruppe zukam, lässt keine andere Interpretation der Arbeit der Demonstrationsbeobachtung zu.

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