Selbstverständnis

Wer in Deutschland vom Versammlungsrecht Gebrauch macht, wird in irgendeiner Art und Weise mit dem staatlichen Gewaltmonopol konfrontiert werden. Insbesondere im Rahmen von Demonstrationen, die Kritik an gesellschaftlichen Strukturen und staatlichen Institutionen als solche formulieren, ist eine Einschränkung des Versammlungsrechts durch Auflagen, Überwachung und körperliche Gewalt zu verzeichnen.

Wir sind als Demobeobachtung tätig geworden, weil wir den Eindruck hatten, dass es zu wenig öffentliche Auseinandersetzung mit rechtswidrigem Handeln der Polizei gegenüber Versammlungen gibt. Beispiele für rechtswidriges polizeiliches Handeln sind: Die Auflösung einer Demonstration allein aus dem Grund, dass diese nicht angemeldet wurde oder das aus rechtlicher Sicht anlasslose Filmen von Versammlungsteilnehmer*innen. Einschränkungen, die in der jeweiligen Situation rechtswidrig sein können, sind etwa Identitätsfeststellungen, Platzverweise, Festnahmen oder die Auflösung der ganzen Versammlung. Auch die Begleitung der Versammlung durch bewaffnete Einsatzkräfte kann die Wahrnehmbarkeit der Versammlung und ihrer Inhalte unverhältnismäßig einschränken und damit rechtswidrig sein.

Die fehlende kritische Auseinandersetzung mit rechtswidrigem polizeilichem Handeln führen wir darauf zurück, dass bei der Berichterstattung über ein Versammlungsgeschehen der Pressemitteilung der Polizei besondere Aufmerksamkeit zukommt. Anwesenden Journalist*innen, die als Kontrollorgan auftreten könnten, ist es häufig nicht möglich einen Überblick über das gesamte Versammlungsgeschehen zu bekommen – sie können daher nur ausschnittsweise aufgrund eigener Beobachtungen berichten. Hier sahen wir die Notwendigkeit als externe Beobachter*innen unabhängige Informationen zu liefern.

Deswegen begleiten wir politische Aktionen aus einem anderen Blickwinkel. Wir dokumentieren dabei das Verhalten der Behörden, vorrangig der Polizei.

Gegenüber der Versammlung bewahren wir dabei Neutralität. Neutralität bedeutet für uns nicht, den Versammlungsteilnehmer*innen und der Polizei gleichermaßen fremd gegenüberzustehen. Neutral sind wir dem Inhalt einer Demonstration gegenüber. Parteilich sind wir aber in dem Sinne, dass wir für das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit eintreten und zu seiner effektiven Wahrnehmung beitragen wollen.

Die Beobachtung gilt daher dem polizeilichen Handeln während einer Demonstration. Wir wollen durch Dokumentation und anschließende Bewertung darüber berichten, inwieweit die Polizei rechtswidrig gehandelt und die Grundrechte der Versammlungsteilnehmer*innen verletzt hat. Wir sind nicht bereit, das Verhalten von Versammlungsteilnehmer*innen zu bewerten oder Informationen zu möglichen Rechtsverstößen zu liefern – was wegen der ausgeprägten polizeilichen Überwachung auch überflüssig wäre. Auch bieten wir keine Rechtsberatung für die Demonstrierenden an.

Ziel ist es, dem grundrechtlich geschützten Versammlungsrecht durch die Dokumentation seiner Einschränkung und der Herstellung von Öffentlichkeit hierüber mehr Geltung zu verschaffen.